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Situationen
Kundenbeschwerden haben unterschiedliche Gründe. In der Regel sind Beschwerdemails oder -Anrufe das Ergebnis eines bestimmten Impulses. Zu den häufigsten Impulsen gehören:
- Die Rechnung wird empfangen, aber der Kunde ist mit dem, was er für sein Geld bekommt, nicht zufrieden (vor allem im ersten Projektmonat bekommen Kunden zu oft die Rechnung, bevor eine Maßnahme passiert ist)
- Schlechte Statistiken (Rankings, Traffic, Absprungrate, etc.)
- Zu wenig Kommunikation – der Kunde hat “lange” nichts vom PO gehört und fühlt sich vernachlässigt
- Schlechte Qualität. Ein Text, eine Einbindung oder eine technische Maßnahme genügen nicht den Ansprüchen des Kunden
- Ausbleibender Erfolg: Die Rankings, der Traffic und/oder der Kundengewinn stagniert, dabei optimieren wir schon X Monate, Stichwort: Effektverzögerung bei SEO
- Technischer Fehler: Durch eine Maßnahme unsererseits geht im Frontend etwas kaputt (fehlerhafte Verlinkungen, 404, Plugin-Konflikte, hohe Ladegeschwindigkeit, mobile Ansicht, etc.)
- Wartezeit / schlechte Verbindlichkeit: Wir haben eine Maßnahme angekündigt und es nicht geschafft, rechtzeitig abzuliefern
Welche Säulen wurden nicht gut bedient?
→ siehe: Die 4 Säulen der Kundenkommunikation
Kundenbeschwerden können immer dann vorkommen, wenn eine der Kommunikationssäulen wackelt bzw. mehrere auf der Kippe stehen:
- Verbindlichkeit: Absprachen werden nicht eingehalten, Termine verpasst, das Projekt stockt; Erfolge kommen langsamer, weil weniger “voran geht”; der Kunde weiß nicht gut Bescheid, mit wie viel er wann rechnen kann
- Kompetenz: Fehler bei der Planung führen zu Misserfolgen, technische Fehler fallen dem Kunden auf, schlechte Texte lassen an unserem Expertenstatus zweifeln, etc. → Kann man Kompetenz-Defizite nicht mit einem kompetenten Auftreten überspielen, sieht der Kunde sein Projekt nicht in guten Händen
- Vertrauen: Wichtigste Säule. Beschwerden entstehen immer dann, wenn der Kunde uns in unserem Schaffen und Wirken nicht vertraut. Dann hat er das Gefühl, einen Impuls geben zu müssen, oder zweifelt gar an seiner Investition. Fehlt Vertrauen oder gibt es nur ein Mindestmaß an Vertrauen, wackeln automatisch alle anderen Säulen mit.
- Interesse (selten): Kundenbeschwerden können entstehen, wenn man das eigene Interesse am Projekt nicht kommunizieren kann. Etwa, indem man das Geschäftsmodell missachtet oder am Kunden “vorbei” plant, die Alleinstellungsmerkmale der Website missachtet oder fehlinterpretiert, usw.
Was kann ich tun?
Grundsatz: Ein Anruf ist fast immer besser als eine oder mehrere E-Mails!
E-Mails sind angreifbar, kalkuliert und distanziert. Anrufe nehmen in der Regel erst einmal die Luft aus der Beschwerde. Anrufe sind aktionistisch, konstruktiv und geben dem Kunden nicht die Gelegenheit, wie bei einer Mail eine Folgebeschwere zu konstruieren oder gar eine Kündigung zu schreiben. Ein Anruf suggeriert sofortiges Interesse und es ist viel einfacher, in der Gesprächsdynamik einen Konflikt zu entwirren – und den Kern des Problems zu identifizieren.
Anrufe verlangen:
- Vorbereitung
- sicheres Auftreten
- Gesprächsstrategie
- gefestigte Mentalität
Ziel ist, sich für den Anruf mit Strategien zu „bewaffnen“, die einerseits das vorhandene Problem rationalisieren und andererseits Lösungen für das Problem präsentieren.
- Thema Nervosität/Auftreten/Mentalität: Anrufe in Reaktion auf Beschwerden gehören zu unseren schwereren Aufgaben, sind aber auch reine Übungs- und Erfahrungssache. Es ist normal, sich damit am Anfang schwer zu tun – es wird leichter
- Mental hilft es, an das Worst Case zu denken: Das Schlimmste, was passieren kann, ist, dass der Kunde zum Ende des Vertragszyklus kündigt – und das ist ein alltägliches, kalkuliertes und in gewisser Weise auch notwendiges Ereignis. Wir haben immer die volle Rückendeckung von Alex, Sandro und im Team!
- Als PO neigt man leicht dazu, Reaktionen auf Beschwerden zu prokrastinieren. Allerdings: Meist fühlt man sich nach einem Anruf sofort besser und schlauer. Verschleppt man das Problem hingegen, liegt es wie ein Schatten über mehreren Arbeitstagen. Du tust dir selbst einen Gefallen, wenn du aktionistisch mit Beschwerden umgehst – im Idealfall mit dem Telefonhörer oder einem Teams-Invite für einen Videocall.
Wenn eine E-Mail sein muss,
- halte dich kurz. Schreibe keinen Roman – sonst befindest du dich sofort in einer defensiven Position.
- In den meisten Fällen lässt sich das Problem gar nicht gut schriftlich lösen – das sollte man in einer kurzen Mail kommunizieren.
- → Kunden abholen und klar machen, dass nur ein Telefontermin/Videocall zu einer befriedigenden Lösung führen kann.
- → im Idealfall bereitet die Antwortmail nur das Telefonat oder den Videocall vor. Es ist möglich, eine Standard-E-Mail zu verwenden.
Wenn Kunde selbst ANRUFT:
- BERN-Methode
- Kunde und Beschwerde ernst nehmen – auf jeden Fall ausreden lassen, dann Schwenk zur Problemlösung finden
- wenn man sich nicht in der Lage fühlt, sofort auf das Thema zu reagieren (weil man erst mal Bedenkzeit braucht), dann trotzdem BERN-Methode, ernst nehmen und sagen „Ich würde mich gern im Detail damit beschäftigen, leider habe ich gleich einen Termin. Ist es in Ordnung, wenn ich Sie dazu noch einmal zurückrufe?“
Häufige Fragen und mögliche Antworten
Kunde empfindet die Zahlen als nicht gut genug:
- NICHT „Ich gucke mir das mal an“ (impliziert, dass wir nicht Bescheid wissen und dass an der Kundenwahrnehmung was dran sein muss)
→ nicht weiter kommentieren, sondern Termin machen und gemeinsam mit Kunden draufschauen (Screensharing)
Dem Kunden geht es „zu langsam“:
- Darauf aufmerksam machen, dass wir mit dem Stundenbudget gewissenhaft umgehen und das beste damit herausholen. Vorausschauend auf die nächste Maßnahme blicken und Verbindlichkeit herstellen. Man KANN im Ernstfall angeben, dass wir hunderte Projekte haben, deren Maßnahmen wir zwangsläufig eintakten müssen. Wir behandeln niemanden bevorzugt oder benachteiligend.
- „Wir arbeiten in Projektwochen“. Vielleicht eher auf die Begriffe „agiles Management“ und „Sprint“ verzichten, das sind interne Sachen.
→ „Gut, dass Sie das fragen, die Frage kommt am Anfang oft“ → für Kunden einordnen, nicht als Problem behandeln
Dem Kunden gefällt etwas am Text nicht bzw. der Text ist fehlerhaft:
- Konstruktiv und kooperativ reagieren. Herausstellen, dass dieses Feedback wichtig ist, damit die Texte nicht nur für Google und den leser, sondern auch für den Kunden perfekt sind. „Für Google ist der Text perfekt. Trotzdem können sich inhaltliche Fehler einschleichen, die wir natürlich beheben wollen. Da sind Sie der Experte.“
Der Kunde will eine Stundenaufstellung bzw. genau wissen, was wie abgerechnet wurde:
- So etwas machen wir nur in Ausnahmefällen. Für ist ist eine Vertrauensbasis wichtiger: Dass wir mit dem Kundenbudget effizient umgehen. Bei neuen Projekten KANN man kurz umranden, was wie lange dauert (vor allem bei Schablonen-Kunden hat sich das häufig bewährt).
- „Die Zeit, die in eine Stundenaufstellung fließen würde, möchte ich lieber in effektives SEO investieren. Denn während ich eine Stundenaufstellung anfertige, kann ich nicht an der Seite arbeiten. Daneben sprechen wir ja alle Schritte vorher ab, das heißt Sie wissen immer, was wir als nächstes tun. Ohne Absprache nehmen wir ja keine Änderungen vor.“
→ Statt einer Stundenaufstellung kann man meist einfach den Projektplan teilen. So hat der Kunde das Gefühl, die Kontrolle zu behalten.
→ Im Idealfall spielen Budgetstunden, Kontingent, usw. keine Rolle bei der Kundenkommunikation.
Der Kunde bemerkt keinen Anstieg an Kundenanfragen:
- Erst kommt die Sichtbarkeit, dann die Aufmerksamkeit, dann die Kunden. Wir müssen dem Kunden klar machen, dass SEO eine langfristig angelegte Marketingstrategie ist und sich Maßnahmen erst verzögert “auszahlen”. Wir machen die Seite für Google perfekt, der Rest hängt vom Algorithmus und von der Konkurrenz ab. SEO ist ein Marathon, kein Sprint.
Der Kunde bringt Daten aus eigenem SEO-Tool (Fehlermeldungen, Empfehlungen, usw.):
- Jedes SEO-Tool liefert eigene Daten, benutzt eigene Algorithmen, interpretiert Seiten anders und schlägt verschiedene Optimierungen vor. Wir arbeiten intern mit den Tools, mit denen wir schon jahrelang Erfolg haben.
- → Oft benutzen Kunden Gratis-Tools, die immer irgendwelche Fehler ausspucken, die aber erst in der Premium-Version detailliert dargestellt werden würden. Wir müssen dem Kunden klar machen, dass wir professionelle Tools nutzen und etwaige Fehler und Verbesserungspotenziale selbst auf dem Schirm haben.
- → Keine 2 Tools spucken dieselben Daten aus. Keine 2 Tools aktualisieren ihre Daten gleichzeitig.
Der Kunde bringt eine Drittpartei als Kontrollinstanz ins Spiel („mein Freund hat auf die Website geguckt und zahlreiche Fehler entdeckt“):
- Im ersten Schritt einen eigenen Standpunkt einnehmen. Erklären, wie wir das machen, aber andere Argumente auch anhören und ins Verhältnis setzen. Nicht in den Rechtfertigungsmodus bringen lassen! Jeder SEO-M hat eine eigene Strategie, es gibt viele Aspekte die von der individuellen Strategie abhängen. Was für den einen falsch ist, ist für den anderen genau richtig.
- → Eventuell nach Kontaktdaten dieses Kollegen fragen zum Austausch und Erkenntnisgewinn. „Es gibt ja unterschiedliche Ansätze und wir verfolgen ja alle dasselbe Ziel: Wir wollen Ihre Seite sichtbarer machen. Vielleicht können wir das Ganze ja auch einmal zu dritt besprechen!“
Werkzeuge zur Lösung
- Es hilft, sich vor einem Anruf in Reaktion auf eine Beschwerde mit einer Kollegin abzusprechen und Lösungswege für das Problem zu identifizieren.
- Ebenfalls hilft es meist sehr, das Problem mit Sandro zu besprechen (sofern er Zeit hat – Termin machen!).
- Auch Alex kann in puncto Kundenbeschwerden aus einem großen Erfahrungsschatz schöpfen und hat meist eine Strategie parat.
- Manchmal ist es sinnvoll, die Problemlösung einer Kollegin zu überlassen, z.B. wenn diese für den Fall besser ausgerüstet ist (Technik, Strategiefragen, usw.) oder sie direkt involviert ist (Kunde hat Problem mit Text dieser Kollegin – dann ist es effizienter, wenn die Kollegin das Problem selbst mit dem Kunden bespricht und daraus lernt).
- Aus Erfahrung mit anderen Kunden schöpfen und kommunizieren. Der Vergleich mit anderen Projekten kann helfen, um das Problem in Perspektive zu rücken. Natürlich keinen Kunden hart benennen. “In einem anderen ähnlichen Projekt haben wir das so gemacht und das hat gut funktioniert. Da haben wir einiges über Ihre Branche gelernt.”
- Man muss ein Problem nicht immer sofort lösen. Man kann dem Kunden ankündigen, dass man den Fall im Team bespricht (Mehr-Augen-Prinzip) und einen Termin vereinbaren. Dann können wir intern besprechen, was wir machen (Team, Sandro, Alex, bei technischen Problemen Kolleginnen mit Erfahrungen usw.)
- Fokus auf die Lösung, nicht auf das Problem. Immer mit dem Kopf schon an der Lösung sein, auf keinen Fall zu lang am Telefon das Problem Revue passieren lassen. Das Problem darf nicht wie ein Virus alle anstecken, indem man es vor sich her schiebt. Gleichzeitig das Problem nicht größer machen, als es ist. Es kam so gut wie noch nie vor, dass wir für ein Problem keine Lösung gefunden haben!